Die Begriffe Arbeit und Anerkennung sind aus dem kritischen Instrumentarium der Sozial- und Kulturphilosophie nicht wegzudenken. Beide finden sie Verwendung im Rahmen einer kritischen Gesellschaftstheorie, die den Anspruch erhebt Gesellschaft nicht nur zu beschreiben, sondern auch zu verändern. Dabei kommt den Begriffen der Arbeit und der Anerkennung die zentrale Aufgabe zu, innerhalb der bestehenden Einrichtung der Gesellschaft Veränderungspotentiale zu identifizieren, die über die gegebenen Verhältnisse hinausweisen.

So hat die marxistischen Tradition den Fortschritt der Gesellschaft in erster Linie an den geschichtlichen Entwicklungsstufen der Arbeit festgemacht. In kritischer Distanzierung dazu hat sich eine Theorietradition herausgebildet, die vielmehr in dem Bedürfnis uns durch andere Mitmenschen anerkannt zu wissen den Schrittmacher des gesellschaftlichen Fortschritts sieht. Das hat innerhalb der heutigen Forschung immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Begriffe der Arbeit und Anerkennung in einem ausschließenden oder ergänzenden Verhältnis zueinander stehen.

Um dieser Frage nachzugehen, werden wir zunächst zu den geistesgeschichtlichen Ursprüngen dieses Verhältnisses zurückkehren. So werden wir uns im ersten Teil des Seminars einer Auswahl von Texten widmen, die aus dem Bereich der klassischen Nationalökonomie (Smith, Mill) und der Tradition des Deutschen Idealismus (Fichte, Hegel) stammen. Daraufhin werden wir uns im zweiten Teil des Seminars zuerst Marx selbst zuwenden und daraufhin am Beispiel Axel Honneths die heute bekannteste Anerkennungstheorie ins Auge fassen, die sich als kritische Fortführung der marxistischen Tradition versteht. Abschließend wollen wir zwei einflussreiche Einwände gegen Honneths Anerkennungstheorie besprechen, die einerseits erneut an Marx (Fraser) und andererseits an eine Foucault’sche Machttheorie (Butler) anknüpfen.


Semester: SoSe 2022