Gegenwärtig erleben wir, wie im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine die doppelte Staatsbürgerschaft für ethnische Co-Nationale zu einem Mittel der Wiedererrichtung von Einflusssphären wird. Ausgehend davon werden in diesem Seminar mit den Institutionen der Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft zwei rechtliche und politische Grundelemente moderner Staatlichkeit analysiert. Während erstere die rechtliche Zugehörigkeit von Bürgern zu einem bestimmten Staat definiert, beschreibt die zweite Institution die Rechte und Pflichten der Bürger. In einem europaweit vergleichenden Zugriff wird zunächst der Wandel von Staatlichkeit vom territorialisierenden Verwaltungsstaat, über den Rechtsstaat hin zum Wohlfahrtsstaat und seiner staatssozialistischer Systemalternative behandelt. In einem auf das östliche Europa fokussierenden Teil des Seminars werden zwei post-imperiale Kontexte – nach dem Ersten Weltkrieg und nach 1990 – in den Blick genommen und gefragt: Wie wird Staatsangehörigkeit geregelt, wie Staatsbürgerschaft gerade auch für ethnische Minderheiten ausgestaltet, wie die Beziehungen von Co-Nationalen in Nachbarstaaten zum „Mutterland“. Für die Zeit nach 1990 werden insbesondere die Einbürgerungspraxis der baltischen Staaten, das ungarische Statusgesetz sowie die russische Politik der Verleihung von Pässen in Transnistrien und im Donbass thematisiert.

Semester: SoSe 2022