Antisemitismus(-kritik) in feministischen Bewegungen in den USA und der Bundesrepublik seit 1970
Christian Kleindienst
Seminar, dienstags, wöchentlich 09:15 – 10:45
“Sisterhood is powerful … unless you’re Jewish”, so der drastische Titel des Preprints der Ausgabe #8 der jüdisch-feministischen Zeitschrift Lilith, welches für die National Women's Studies Association Conference im Juni 1981 veröffentlicht wurde, um Antisemitismus in feministischen Kontexten zu problematisieren. Nicht nur auf der Konferenz, welche unter dem Titel "Women Respond to Racism" stattfand, rückten jüdische, lesbische, Schwarze und andere marginalisierte Feminist:innen ihre Erfahrungen ins Zentrum feministischer Auseinandersetzungen und stellten das Konzept einer "universal sisterhood" zunehmend in Frage. Das Seminar befasst sich vor diesem Hintergrund mit Antisemitismus(-kritik) in feministischen Bewegungen in den USA und der Bundesrepublik seit den späten 1970er Jahren. Gemeinsam werden wir uns unter anderem mit Wissensräumen und Konfliktfeldern beschäftigen, die sich entlang der Auseinandersetzungen mit Antisemitismus in feministischen Bewegungen entfalteten, und mithilfe methodischer Ansätze der Verflechtungsgeschichte transnationale Bezugnahmen untersuchen. Diesbezüglich werden wir uns erschließen, wie Antisemitismus in feministischen Bewegungskontexten kritisiert und stellenweise auch integriert und gerechtfertigt wurde. So fanden beispielsweise Motive des christlichen Antijudaismus in feministische Theologien Eingang und wurden von antisemitismuskritischen Akteur:innen problematisiert. Anhand wissenschaftlicher Literatur und unterschiedlicher historischer Quellen werden wir uns nicht nur inhaltlichen, sondern auch forschungspraktischen Fragen der vergleichenden Kultur- und Gesellschaftsgeschichte, sowie dem quellenkritischen, analytischen Umgang mit historischen Materialien widmen. Ein weiteres Ziel des Seminars ist es, den Erkenntniswert verschiedener Perspektivierungen (u.a. geschlechterhistorische, emotionsgeschichtliche) und damit verbundene methodische und epistemologische Fragen exemplarisch anhand von historischen Materialien zu diskutieren.
Literatur
Joyce Antler, Jewish radical feminism: voices from the women’s liberation movement, New York 2018.
Sabine Hark/Rahel Jaeggi/Ina Kerner/Hanna Meißner/Martin Saar, Das umkämpfte Allgemeine und das neue Gemeinsame, in: Feministische Studien, 33 (2015) 1, 99–103, .
Shulamit Volkov, Antisemitism as a Cultural Code, in: The Leo Baeck Institute Yearbook, 23 (1978) 1, 25–46, .
Jennifer Fauxsmith/Teddy Schneider, Research Guides: Jewish Women, https://guides.library.harvard.edu/schlesinger/jewishwomen/home
Weitere Seminarlektüre wird zu Beginn der Veranstaltung auf Moodle zur Verfügung gestellt.
- Trainer/in: Christian Kleindienst