Titel: : „Zwischen Zweifel und Akzeptanz“ - Zwangsadoptionen in der DDR


Die Forschungslage zum Thema der Zwangsadoption verändert sich seit den Anfragen an die Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR inbezug auf mögliche Kindesentwendungen kurz nach der Geburt rasant. Seit dem 01.07.2022 forscht auch das Projekt des Deutschen Institutes für Heimerziehungsforschung gGmbH/An-Institut der Evangelischen Hochschule Berlin (DIH) zu diesem Thema. So ist u.a. die Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig Mitglied des interdisziplinären Forschungsteams.

Die Seminare dieser Veranstaltung werden das Thema von der historischen Seite betrachten und die politisch motivierte Kindesentziehung aus unterschiedlichen Perspektiven hinterfragen. Im letzten Semester wurde die wissenschaftliche Recherche insbesondere in Zusammenarbeit mit der BStU vorangetrieben und erste spannende Synergieeffekte sind erkennbar. Um Praxis und Theorie zu vereinen, werden wir nicht nur erneut mit der Außenstelle des Stasiunterlagenarchivs Leipzig zusammenarbeiten. Die Studierenden besuchen ebenso den nächsten Termin des Bundesverwaltungsgerichtes zu einer Zwangsadoption und verfolgen die Verhandlung eines ehemaligen zwangsadoptierten Kindes, dessen Vater nach dem Tod der Mutter einen Ausreiseantrag mit allen Folgen stellte. Allein die vorherigen Urteile dieses Falles sind ein Beispiel für die Gratwanderung bei der Entschädigung der Opfer und für die unterschiedliche Betrachtung von “gerecht” und “Gerechtigkeit”.



Literatur: wird im Seminar bekanntgegeben

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Semester: WT 2023/24

1956 in Ungarn und Polen, 1968 in der Tschechoslowakei und auf dem Roten Platz in Moskau, 1970 und 1980 erneut in Polen, 1989 in der DDR: In den Jahrzehnten nach Stalins Tod engagierten sich Menschen innerhalb der Warschauer-Pakt-Staaten immer wieder in größeren oder kleineren Protestbewegungen. Um diese Ereignisse herum bildeten sich unterschiedliche Gruppen der Dissidenz, an denen sich auch zahlreiche Jüdinnen und Juden beteiligten. Sie kämpften für das Recht auf freie Religionsausübung, die Möglichkeit zur Emigration und allgemein gültige Menschenrechte. Im Seminar diskutieren wir die politischen Entwicklungen des östlichen Europas zwischen 1956 und 1991 aus dem Blickwinkel der Dissidenz. Dabei thematisieren wir die Frage, warum sich die Bewegungen intensiv mit internationalem Recht und historischer Erinnerungsarbeit beschäftigten, überlegen inwieweit von einem transnationalen Phänomen zur Zeit des Kalten Krieges gesprochen werden kann und schauen auf die wissenschaftlichen Definitionen von Schlüsselbegriffen. Im Mittelpunkt des Seminars stehen Lebenswege und Perspektiven jüdischer Dissidentinnen und Dissidenten. Anhand individueller Biografien werden allgemeine und spezifische Entwicklungen und das daraus entstehende Spannungsverhältnis zwischen Universalismus und Partikularismus verdeutlicht. Dies wirft wiederum die Fragen auf, welchen Einfluss Dissidenzerfahrungen auf politische Debatten in den gegenwärtigen Nationalstaaten des östlichen Europas und Israel haben und ob das Phänomen damit eine Aktualität bis in die Gegenwart aufweist. 

Literatur: 
- Ludmilla Alexeyeva: Soviet Dissent. Contemporary Movements for National, Religious, and Human Rights. Middletown, Conn. 1985. 
- Nathan Benjamins: Refuseniks and Rights Defenders: Jews and the Soviet Dissident Movement. In: Ders./Kenneth B. Moss/Taro Tsurumi (Hg.): From Europe’s East to the Middle East. Israel’s and Polish Lineages. Philadelphia 2021. S. 362–375.
- David Kowalski: Polens letzte Juden. Herkunft und Dissidenz um 1968. Göttingen 2018.
- Yaacov Roi (Hg.): The Jewish Movement in the Soviet Union, Washington 2012.
- Joshua Rubenstein: Soviet Dissidents. Their Struggle for Human Rights. Boston 1980.


Semester: WT 2023/24