Wenn Freundschaft und Macht aufeinandertreffen, ist gemeinhin von Seilschaften oder Machenschaften die Rede. Die Legitimation von Herrschaft, zumal in demokratisch verfassten Staaten, hat im idealtypischen Politikverständnis wenig mit Freundschaft und mehr mit Recht, Repräsentation und Debatte zu tun. Und dennoch liegt die doppelbödige Kategorie der Freundschaft vielen, nicht zuletzt politischen Spuren zugrunde. Laut oder leise, offen oder verdeckt haben sich in das Politische Konturen der Freundschaft eingeschlichen, die oft auf einen „Schematismus der Abstammung“ verweisen, auf Natur, Nation, Blut oder Geschlecht. Der gegenwärtig hochkochende Volksbegriff etwa basiert auf einer eigentümlichen Verknüpfung von Abstammung und Freundschaft und wird mit unterschiedlicher Diktion zur Legitimation von Herrschaft herangezogen.

Die in sich zerrissene Kategorie Freundschaft spielt gleichzeitig ein unauflösliches Spiel von Nähe und Distanz, von Verbrüderung und Ausgrenzung, von „wir“ und dem Anderen. Sie verweist damit notorisch auf den Kern von Politik und Legitimation; auf die Frage, wer, welche Gruppe, welches „Wir“ sich wie bezeichnet und als politisches Subjekt versteht. Das Seminar nimmt Jacques Derridas Schrift „Politik der Freundschaft“ zum Startpunkt, um die paradoxen Verbindungen von Politik und Freundschaft zu untersuchen. Dabei werden Derridas indirekte Gespräche u. a. mit Montaigne und Aristoteles reflektiert.

Semester: SoSe 2016