Wie vergangene Grenz- und Migrationsregime entstanden, welche Ein- und Ausschlussmechanismen sie etablierten und wie sie sich veränderten, wird nur im Zusammenspiel mit der Geschichte moderner Staatlichkeit wirklich verständlich: darüber also, wie Nationalstaaten begannen, ihre Macht zu stabilisieren, eigene von anderen Staatsangehörigen zu scheiden und die Mobilität innerhalb des eigenen Territoriums zu kontrollieren – und darüber, wie diese Ordnung und Kontrolle von Migration beständig unterlaufen und in Frage gestellt wurde. Vor diesem Hintergrund nähert sich das Seminar der Geschichte von Flucht und Migration über die Analyse der versuchten Beherrschung von Migration mit Hilfe von Grenzkontrollen, Aufenthaltsbestimmungen und anderen Praktiken. Die nationalstaatlichen Politiken der Kontrolle von Migration werden dabei im Wechselspiel mit migrantischen Praktiken einerseits und Prozessen der Internationalisierung, Europäisierung und Globalisierung andererseits untersucht. Den Bezugspunkt bilden Studien und Quellen zur westeuropäischen Migrationsgeschichte, zu Flucht und Vertreibung, Asyl und Illegalität im 19. und 20. Jahrhundert.
Literatur: Gérard Noiriel, Die Tyrannei des Nationalen. Sozialgeschichte des Asylrechts in Europa, Lüneburg 1994; Giorgio Agamben, Homo Sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt/Main 2002; Jochen Oltmer u.a. (Hg.), Enzyklopädie Migration in Europa: vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Paderborn 2007; Barbara Lüthi, Migration and Migration History, in: Docupedia-Zeitgeschichte, http://docupedia.de/zg/Migration_and_Migration_History?oldid=106450; Bernd Kasparek, Sabine Hess, Perspektiven kritischer Migrations- und Grenzregimeforschung, in: dies. (Hg.), Grenzregime. Diskurse, Praktiken, Institutionen in Europa, Berlin 2010, S. 7-22.