Sowohl im britischen als auch im französischen Fall interessieren sich Historikerinnen und Historiker seit einiger Zeit verstärkt für das Ende der kolonialen Herrschaft, für die damit verknüpften „kolonialen Frakturen“ und deren Auswirkungen auf aktuelle gesellschaftliche Konstellationen. Sie konturieren die Dekolonisierung als eigene, globalhistorisch einschneidende Epoche. Dieser Epoche und ihrer Erforschung widmet sich das Seminar. Im Mittelpunkt soll die Frage stehen, auf welche Weise sich die Auflösung der beiden Empire seit den 1940er Jahren auf die Metropolen auswirkte und wie sich die französische und britische Gesellschaft im Zuge der Dekolonisierung wandelten. Neben der Auseinandersetzung mit allgemeinen methodischen Problemen stehen dabei maßgeblich soziale, kulturelle und politische Veränderungen im Zentrum, wie migrationsgeschichtliche Verschiebungen, wie die mit den Kolonialkriegen verbundenen Erfahrungen oder die Veränderungen im Aufbau und Selbstverständnis beider Gesellschaften. Die gemeinsame Diskussion von Forschungsliteratur und historischen Quellen wird sich tendenziell stärker auf französische Beispiele konzentrieren, um davon ausgehend Vergleiche zur britischen Entwicklung ziehen zu können. Französischkenntnisse sind dafür wünschenswert, aber nicht notwendig; die ausgewählte Lektüre beschränkt sich in erster Linie auf englisch- und deutschsprachige Literatur.
Literatur: Andreas Eckert, Spätkoloniale Herrschaft, Dekolonisation und internationale Ordnung, in: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), S. 3-20; Sebastian Conrad, Dekolonisierung in den Metropolen, in: Geschichte und Gesellschaft 37 (2011), S. 135-156, Jörn Leonhardt, Die longue durée des Abschieds. Dekolonisierung in Frankreich und Großbritannien als Krisengeschichte der Nachkriegsphase, in: ders./Rolf G. Renner (Hg.), Koloniale Vergangenheiten – (post)imperiale Gegenwart, Berlin 2010, S. 99-119.