Das Thema Wissenschaft und Religion wird heute vor allem mit polarisierten Debatten zwischen „Neuen Atheist:innen“ und „Kreationist:innen“ in den USA verbunden. Wenn wir das Thema aber etwas weiter fassen, geht es um die fundamentale Frage danach, wie in Gesellschaften Gewissheit hergestellt wird.

In diesem weiten Sinne war das Verhältnis von Wissenschaft und Religion eines der prägenden Themen bei Gründung der Soziologie. In Frage stand, ob Wissenschaft die Religion ablösen würde (wovon etwa Comte oder Marx überzeugt waren) oder ob Wissenschaft und Religion in jeweils unterschiedlichen Sphären dauerhaft nebeneinander existieren würden (wie es Weber annahm). Aktuell gibt es zahlreiche Anlässe, sich mit dem Verhältnis zwischen Wissenschaft und Religion – oder weiter gefasst: mit dem Wissenschaftlichen und dem Religiösen als Quellen von Gewissheit – neu zu befassen. Als existenziell wahrgenommene Krisen wie der Klimawandel oder auch die Covid-19-Pandemie lassen bislang unhinterfragte Aufgabenteilungen bei der Herstellung von Gewissheit auch in Ländern der so genannten westlichen Moderne brüchig werden.

Das Seminar bietet einen einführenden Überblick in das große Themenfeld Wissenschaft und Religion. Behandelt werden klassische soziologische Texte, historische Debatten und aktuelle Fragestellungen. Erwartet wird die Bereitschaft zur Lektüre englischer und deutscher Texte.


Semester: WiSe 2022/23