Bei ihrer Forderung nach neuen Formen der Teilhabe an und der gemeinsamen Nutzung von städtischen Ressourcen beziehen sich urbane Aktivistinnen und Aktivisten aktuell gerne auf den Begriff der „urban commons“. Wirklich neu sind die damit verbundenen Visionen einer gerechteren Stadt sowie die versuchte Schaffung kollektiver Räume und Ressourcen „jenseits von Staat und Markt“ allerdings nicht. Vielmehr stehen die Ideen und Praktiken des urban commoning in einer langen Tradition der versuchten Aneignung, Umwidmung oder Umstrukturierung urbaner Räume und Besitzverhältnisse durch städtische Protestbewegungen und andere Akteure. Dieser historischen Dimension des umstrittenen Rechts auf die Stadt widmet sich das Seminar. Es zielt darauf ab, der gegenwärtigen Faszination für urban commoning und alternative Formen der Teilhabe mehr historische Tiefenschärfe zu verleihen. Als Grundlage der gemeinsamen Diskussion sollen daher neben eher programmatischen Texten von Henri Lefebvre, Elinor Ostrom oder David Harvey historische Analysen dienen, die sich – unter Bezug auf US-amerikanische und westeuropäische Beispiele – mit früheren Konflikten um die Nutzung städtischer Parks, Grünflächen und Wasserressourcen, öffentlicher Plätze und Straßen im 19. und 20. Jahrhundert befassen sowie mit der Geschichte von Hausbesetzungen und alternativen Wohn- und Besitzformen. Bei einem Großteil der diskutierten Literatur handelt es sich dabei um englischsprachige Analysen, insofern ist eine gewisse Begeisterung für die Lektüre englischsprachiger Texte von Vorteil.
Es ist möglich, das Seminar im Rahmen des Moduls „Institutionalisierung und Organisation von Kultur in Europa“ zu besuchen und belegen.
Literatur: David Harvey, Rebellische Städte. Vom Recht auf Stadt zur urbanen Revolution, Berlin 2013; Henri Lefebvre, Das Recht auf Stadt, Hamburg 2016 [1968]; Leif Jerram, The False Promise of the Commons: Historical Fantasies, Sexuality and the ‘Really-Existing’ Urban Common of Modernity, in: Christian Borch/Martin Kornberger (Hg.), Urban Commons: Rethinking the City, Oxon 2015, S. 47-67.