"Ein Bischof soll ... kein Säufer sein" (1Tim 3,3) -dieser in der drastischen Version Luthers eher witzige, aber offenbar doch ernst gemeinte Rat hinsichtlich dercharakterlichen Qualitäten gemeindeleitender Persönlichkeiten hat neben manch anderem zur Bezeichnung "Pastoralbriefe" für jene drei Briefe geführt, die unter dem Namen des Paulus an zwei seiner engsten Mitarbeiter gerichtet sind. Weil sie in der kritischen Forschung zumeist in eine sehr späte Phase der christlichen Literatur verlegt wurden (und werden), waren sie im allgemeinen Bewusstsein theologisch eher uninteressant geworden. Inzwischen erfahren sie eine Art Renaissance: In den letztenJahren hat sich die Forschung wieder verstärkt mit diesen Briefen beschäftigt und anmanchen Stellen ist der Konsens fragwürdig geworden. Anhand einer intensiven kursorischen Lektüre des griechischen Textes sollen im Seminar u.a. folgende Fragen aufgearbeitet und inhaltlich an Text und Tradition der Pastoralbriefe überprüft werden:In welchem Verhältnis stehen diese Briefe tatsächlich zu Paulus? Was können wir über paulinische Theologie und Ekklesiologie aus diesen Briefen lernen? Lässt sich eine Entwicklung von Paulus hin zu den Pastoralbriefen im Sinne einer paulinischen Schulbildung nachzeichnen? In welchem Verhältnis steht diese mutmaßliche Schule zu
anderen Strömungen paulinischer Tradition? Dabei werden auch grundsätzliche Fragen zum Thema Pseudepigraphie in der Antike und im Neuen Testament sowie zu Entwicklungstendenzen in der frühchristlichen Theologiegeschichte behandelt.
- Trainer/in: Jens Herzer
- Trainer/in: Nicole Oesterreich
Semester: SoSe 2017