Fleisch als Nahrungsmittel hatte im 19. und frühen 20. Jahrhundert einen hohen Stellenwert. Das „Supernahrungsmittel der Industriegesellschaft“ (Jakob Tanner) war nicht nur symbolisch stark aufgeladen, sondern galt auch als besonders gesund und leistungssteigernd – ein Eindruck, den die aufkommende Ernährungswissenschaft maßgeblich beförderte. Seit den 1860er Jahren, als in
Deutschland die ersten vegetarischen Vereine gegründet wurden, wurde aber auch zunehmend Kritik an diesem „Fleisch-Primat“ laut – auf der Grundlage von ethisch-moralischen, aber auch gesundheitlichen und ökonomischen Argumenten.

Das Seminar nähert sich dem Thema Fleisch aus verschiedenen kulturgeschichtichen Perspektiven: Welche Rolle spielen Fleischkonsum und
-verzicht für moderne Körperkonzepte und -praktiken? Welche (bio-)politischen Vorstellungen und Ziele wurden daran geknüpft? In welchem Zusammenhang stehen Fleischkonsum und Geschlechterordnung? Der regionale Fokus liegt auf Deutschland, punktuell werden aber auch Entwicklungen in anderen Ländern und transnationale Verflechtungen mit einbezogen. Daneben liegt ein besonderer Schwerpunkt des Seminars auf der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Quellentypen wie Kochbüchern, sogenannten Ego-Dokumenten oder visuellen
Quellen.
Semester: WT 2017/18