Mit der europäischen Aufklärung und ihrem Ideal der Selbstbestimmung autonomer Subjekte begann auch die Karriere eines neuartigen sozialen Ordnungsprinzips. Die Möglichkeit, sich jenseits ständischer Körperschaften zu Assoziationen und Organisationen zusammenzuschließen, bildet bis heute eine Konstante in der Geschichte der Moderne. Als strukturprägende Vergesellschaftungsform durchzieht die Organisation alle Lebens- und Funktionsbereiche. Die moderne Gesellschaft, so dasFazit der Soziologie, sei eine „Organisationsgesellschaft“. In der Veranstaltung geht es speziell umjene Organisationen und kollektiven Aktivitäten, die sich jenseits von Markt und Staat verorten und gegenwärtig unter dem Begriff der „Zivilgesellschaft“ (oder „Civil Society“) zusammengefasst werden. Das freiwillige Engagement in Form kollektiver Selbstorganisation unterlag und unterliegt dabei ebenso einem historischen Wandel wie die es begleitenden sozialphilosophischen Diskussionen und öffentlichen Debatten. Im Zentrum der Veranstaltung steht die wechselseitige Beeinflussung von Theorie und Praxis des Assoziationswesens in ihren jeweiligen historischen Kontexten vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart: Wie haben einerseits die realhistorischen Konjunkturen und Veränderungen kollektiver Selbstorganisation auf Gesellschaftstheorie und Öffentlichkeit eingewirkt? Wie haben andererseits die mit Vereinen, NGOs, sozialen Bewegungen usw. verbundenen normativen Ansprüche, gesellschaftlichen Funktionszuschreibungen und utopischen Wünschen die Praxis zivilgesellschaftlicher Akteure beeinflusst? Welche sozioökonomischen Problemlagen oder politischen Krisen bildeten den Hintergrund dieser Dynamik? Und welches gesellschaftliche Transformationspotential haben die Akteure und Assoziationen der Zivilgesellschaft aktuell?

Semester: SoSe 2018