Nur selten noch findet eine explizite Rückbindung des Mediums Film an seine kulturgeschichtlichen Vorgänger statt. Indes hatte es der Film zu Beginn des 20. Jahrhunderts schwer, sich aus dem Schatten der viel älteren Geschwister, etwa des Theaters oder der Malerei, die seit der Antike oder früher existierten, zu befreien. Rudolf Arnheim proklamierte in den 1930er Jahren in seinem Buch den „Film als Kunst“, die Protagonisten des Absoluten Films drehten zeitgleich rein künstlerische Kurzfilme und irgendwann nach Ende des Zweiten Weltkriegs schien diese Debatte plötzlich obsolet geworden zu sein. Die Vorlesung möchte hier die Brücke zwischen Film und anderen Künsten wieder aufbauen: Der Film teilt die Affinität zur Abbildung des realweltlichen Geschehens mit der Malerei und vor allem der Fotografie. Film erzählt von Menschen, die in Geschichten und Konflikte verstrickt sind, wie auch das Theater oder der Roman. Dennoch bewahrt Film immer einen Mehrwert, bleibt audiovisuell, erzählt filmisch – und nicht etwa literarisch – und verlängert die existierenden Praktiken und Methoden nicht einfach, sondern erfindet sie stets neu. Auch eine Literaturverfilmung ist nicht nur „der Film zum Buch“, auch eine Künstlerbiografie leistet nicht nur eine Abzeichnung von Leben und Wirken seiner Hauptfigur. Die Vorlesung widmet sich der Genese des frühen Films aus dem Ensemble der Künste, sie zeichnet die Entwicklung des Films zu den genannten Künsten nach und zeigt, wie Film bis heute – im digitalen Zeitalter – seine Stellung als Medium (auch im Sinne der Vermittlung im Ensemble) behält und verteidigt.

Semester: WiSe 2018/19