„Leistung“ ist ein Konzept, mit dem wir im Alltag ständig konfrontiert werden – im Kontext von Arbeit und Ausbildung, aber auch in der Freizeit und im Privatleben. In modernen „Leistungsgesellschaften“ stellt es eine zentrale Ordnungskategorie des Sozialen dar und suggeriert Objektivität, Messbarkeit und Vergleichbarkeit. Was Leistung tatsächlich bedeutet, bleibt jedoch häufig im Unklaren – es handelt sich eher um eine „Unschärfeformel“ als um eine klar definierte Größe, wie die Historikerin Nina Verheyen jüngst bemerkte. Der kritische Blickdie Vergangenheit zeigt, dass Leistung ein historisch kontingentes Konstrukt ist: Wer was als Leistung interpretiert, wem welche Leistungen zugeschrieben werden und welche Leistungen ausgeblendet werden, ist immer abhängig von Sinnstiftungsprozessen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen.Im Seminar widmen wir uns zum einen den Wurzeln und Wandlungen des modernen Leistungsparadigmas. Dabei schlagen wir einen Bogen von den Leistungspraktiken und -diskursen des 19. Jahrhunderts, die grundlegend für dessen Etablierung waren, bis ins letzte
Drittel des 20. Jahrhunderts, in dem individuelle Leistung unter postfordistischen Verhältnissen noch einmal an Bedeutung gewonnen und sich immer tiefer in den Alltag eingeschrieben hat. Daneben werden wir uns mit unterschiedlichen Formen der Leistungskritik auseinandersetzen, die diese Etablierungsprozesse von Anfang an begleitet haben.
- Trainer/in: Laura-Elena Keck