Jürgen Habermas gilt als wichtigster Vertreter der zweiten Generation der Frankfurter Schule und ist heute insbesondere aufgrund seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1982) sowie der darin begründeten Diskursethik bekannt. In den Hintergrund getreten sind dagegen seine frühen Arbeiten aus den 1950er und 1960er Jahren, in denen der Versuch einer Aktualisierung der Marx’schen Gesellschaftskritik deutlich stärker im Vordergrund steht als in den späteren sprachphilosophisch inspirierten Schriften. Im Seminar möchten wir zu diesen Anfängen im Werk von Jürgen Habermas zurückkehren und das dort aufgeworfene Problem des Standpunkts und der normativen Begründung einer kritischen Theorie der Gesellschaft aufgreifen. Als Hintergrund unserer Diskussion dient der frühe Aufsatz „Dialektik der Rationalisierung“ aus dem Jahr 1954, der direkt an Marx’ Entfremdungskritik anschließt. Von hier aus soll anhand von kleineren Texten die Entwicklung von Habermas’ Denken hin zu einer stärker sozialwissenschaftlich orientierten Erkenntniskritik nachgezeichnet werden, die er vor allem im Umfeld der Monographie „Erkenntnis und Interesse“ (1968) entwickelt hat.

Semester: ST 2019