Vorworte und Vorreden stehen – so scheint es – schon dem Begriff nach „vor“ dem eigentlichen Text und damit gewissermaßen außerhalb des Werkes. Insbesondere bei theoretisch-argumentativen Texten hat der Inhalt des Vorworts daher für das Verständnis der folgenden Abhandlung oftmals keine wesentliche Bedeutung, bleibt marginal und gleichsam auf der Schwelle des Textes stehen. Es gibt jedoch in der Philosophie der Moderne eine Reihe von Ausnahmen, in denen gerade die Vorrede den Grundgedanken eines theoretischen Ansatzes auf einzigartige Weise zusammenfasst und auf den Punkt bzw. ein Bild bringt. Kants „Gerichtshof der Vernunft“ oder Hegels „Eule der Minerva“ sind die wohl bekanntesten Beispiele für solche Bilder, in denen sich ein gesamtes philosophisches Programm in der Vorrede verdichtet.

Im Seminar möchte wir ausgehend von den Vorworten ausgesuchter Werke verschiedene Blickwinkel auf das zentrale Projekt der Moderne einnehmen, das darin besteht, sich über die Grundlagen des eigenen Denkens aufzuklären. Neben Kant und Hegel sollen u.a. Nietzsche, Marx, Weber, Horkheimer/Adorno und Foucault zu Wort kommen. Ein Vorwissen über die behandelten Theorien kann hilfreich sein, ist aber nicht notwendig. Die gemeinsame Diskussion der kurzen und eingängigen Vorreden soll vielmehr einen ersten Zugang zu den verschiedenen Theorieansätzen ermöglichen und zur weiteren Lektüre anregen.


Semester: SoSe 2020