Seminar B I Vom Ein-Geschlecht-Modell zu Cyborgs. Grundlegende Theorien der Geschlechterforschung
Am Anfang des Seminares sollen die analytischen Kategorien sex und gender erklärt werden. Veranschaulicht werden soll das Verständnis durch die historische Figur Einar Wegener alias Lili Elbe. Durch das Tagebuch von Lili Elbe Ein Mensch wechselt sein Geschlecht und den Film The Danish Girl, sollen die Unterschiede von sex und gender deutlich hervorgebracht werden und weiterführend eine Doing-Gender-Analyse (West/Zimmermann) im Plenum ermöglichen.
Der Hauptteil des Seminares wird sich mit der Gendertheorie von Judith Butler beschäftigen. Dazu werden ausgewählte Kapitel von Das Unbehagen der Geschlechter und
Körper von Gewicht besprochen werden, um 1. nachvollziehen zu können, welche Zielsetzungen Butler hat, 2. wie ihre Kritik am Feminismus aussieht, 3.welche Theoreme
sie benutzt um sie für ihre eigenen Zwecke fruchtbar zu machen und 4. wie die einzelnen Schritten ihrer Theorie aussehen. Daran anknüpfend soll im Seminar die Anwendung der Theorie an dem Buch Die Philosophie im Boudoir von Marquis de Sade vorgenommen werden, um die Konstruktion der Geschlechtsidentität und den damit verbundenen Materialitätsbegriff nach Butler erfassen zu können.
Es folgt eine Diskussion der Kritiken, welche an Butlers Theorie geübt werden. Hier liegt das Augenmerk auf Babara Dudens Kritik Die Frau ohne Unterleib: Zu Judith Butlers Entkörperung aber auch einzelne Thesen von Isabell Lorey sollen Berücksichtigung finden.
An diesem Wendepunkt, wird sich das Seminar, genau wie die Forschung, nun einer Überleitung zu wenden, welche nach Paula-Irene Villa und Gesa Lindemann den
sozialkonstruktivistischen Ansätzen eine Absage erteilen und sich dem Leib zu wenden. Es wird sich zeigen, dass mit der deskriptiven Methode der Leibphänomenologie
von Hermann Schmitz1 eine anatomische Substanz des Körpers zurück in die zu untersuchenden sexuellen Tableaux (Programme) in Die Philosophie im Boudoir gebracht werden kann, und man sogar von einer Verkörperung von leiblichen Regungen sprechen kann.
Am Ende des Seminares soll an der Kritik Butlers, ein neuer thematischer Bogen gezogen werden. Weg von Butler, hin zu Cyborgs. So steht Donna Haraways Manifesto
eines Cyborgs auch für eine Kritik an Butler. Die Lösung des Feminismus, welche zu mehr und neuen Handlungsmöglichkeiten führen soll, ist die Cyborg. Dafür plädiert sie zu einer Konstruktion von neuen Kategorien welche nicht mehr Natur und Kultur sein können. Dazu soll mit der zuvor schon besprochenen Schmitz’schen
Leibphänomenologie versucht werden, den Ansprüchen Haraways gerecht zu werden und diese exemplarisch an dem Buch Er, Sie und Es zu untersuchen.

Semester: WiSe 2020/21