Museen sind seit dem 19. Jahrhundert wichtige Orte der Wissensvermittlung und -produktion. Zu ihren Exponaten zählten (und zählen) nicht nur Kunstwerke und als historisch oder kulturell bedeutsam eingestufte Objekte, sondern auch menschliche Körper(teile), Abformungen und anatomische Modelle. Die ausgestellten Körper verweisen auf die Neuausrichtung der Humanwissenschaften und einen neuen Blick auf Körper und Gesundheit im 19. Jahrhundert, aber auch auf die kolonialen Machtverhältnisse, in deren Kontext menschliche Überreste angeeignet und nach Europa verschleppt wurden, wo sie wiederum eine maßgebliche Rolle bei der Konstruktion und Verbreitung rassistischer Theorien spielten. Im Seminar werden wir die Hintergründe und Implikationen dieser Sammlungs- und Ausstellungspraxis erkunden: Wie gelangten menschliche Überreste in Museen? Welche Zwecke sollten sie dort erfüllen, wie wurden sie präsentiert? Welches Wissen wurde anhand der gesammelten und ausgestellten Körper und Körpermodelle produziert und den Besucher*innen vermittelt? Der Schwerpunkt des Seminars liegt auf dem 19. und frühen 20. Jahrhundert; wir werden aber auch einen Blick auf aktuelle Debatten etwa zum Umgang mit Human Remains in musealen Kontexten werfen.

Semester: ST 2021