Der französische Philosoph und Literaturtheoretiker Roland Barthes (1915-1980) hat auf ebenso produktive wie vielschichtige Weise im Schnittfeld von Sprachwissenschaften, Kulturtheorie und Literaturwissenschaften gearbeitet. Zunächst stark von der strukturalistischen Linguistik geprägt, versucht er Ende der 1950er Jahre die Semiologie, also die Wissenschaft vom Zeichen, für die Analyse der Gegenwartskultur fruchtbar zu machen, etwa indem er sich aus dieser Perspektive mit Alltagsmythen, der Mode oder dem Film auseinandersetzt. Davon ausgehend entwickelt er in den 1960er Jahren eine Text- und Erzähltheorie, die es erlaubt, über den engeren literarischen Rahmen hinaus soziale und kulturelle Narrative zu analysieren, ohne sie auf die Intention eines Autor-Subjekts zurückzuführen. Nicht zuletzt diese unter dem Schlagwort „Tod des Autors“ bekannt gewordene Umstellung der Literatur- und Textanalyse bewegt Barthes’ schließlich in seinen späteren Arbeiten dazu, neue intertextuelle und vielstimmige Weisen des Schreibens auszuprobieren, die als Meilensteine des sog. Poststrukturalismus gelten.

Im Seminar werden ausgewählte kleinere Texte aus den verschiedenen Arbeitsphasen Barthes’ gemeinsam gelesen und diskutiert. Das Seminar bietet daher sowohl eine Einführung in das Werk von Roland Barthes als auch einen exemplarischen Einblick in die strukturalistische bzw. poststrukturalistische Sprach- und Kulturtheorie.


Semester: SoSe 2022