Der 1965 erschienene Sammelband „Pour Marx“ (dt. „Für Marx“ 1968) von Louis Althusser gilt als ein theoretisch wie ideengeschichtlich wichtiger Einschnitt in der Entwicklung des westlichen Marxismus. Systematisch wendet sich Althusser in den hier versammelten Aufsätzen gegen einen ökonomischen Reduktionismus, einen geschichtsphilosophischen Determinismus sowie den zeitgenössischen linken Humanismus, der aus seiner Sicht weiterhin einem liberalen Menschenbild des Besitzindividualismus anhängt. Dagegen setzt Althusser einen weit verstandenen Begriff der Praxis und eine an die strukturalistische Sprachtheorie angelehnte Untersuchung von gesellschaftlichen Strukturen. Dazu beruft er sich auf die philosophischen Gehalte von Marx’ Schriften, die er „für“ und in diesem Sinne über Marx hinausgehend in Bezug auf die spezifischen Konstellationen seiner eigenen Zeit herausarbeiten möchte. Ideengeschichtlich bildet Althusser und seine Marx-Lektüre damit ein Scharnier zur neueren, oft als poststrukturalistisch bezeichneten französischen Philosophie und politischen Theorie, die er als Lehrer von u.a. Michel Foucault, Jacques Derrida, Jacques Rancière und Etienne Balibar entscheidend mitgeprägt hat. Aus dieser Doppelperspektive werden im Seminar ausgewählte Aufsätze aus „Für Marx“ gemeinsam erschlossen und auf ihre Aktualität hin befragt.


Semester: SoSe 2022