
Unter der Intendanz Barrie Koskys brachte die Komische Oper Berlin in den letzten zehn Jahren zahlreiche erfolgreiche Operettenproduktionen heraus – darunter auch einige Werke, die in Deutschland gänzlich in Vergessenheit geraten oder lange nicht auf einer großen Bühne gespielt worden waren. Infolge der Zensur und Verfolgung von Künstler*innen im Nationalsozialismus und der Rezeption von Operetten im Nachkriegsdeutschland, gilt das Genre mitunter noch heute als kitschig, verstaubt, bieder oder sentimental und wird hierzulande mit der (typisch deutschen) Kategorisierung als U-Musik häufig weiter abgewertet. Allerdings erlebt die Operette mittlerweile eine umfassende Renaissance, die ihre hybride Gestalt und Widersprüchlichkeit, ihre Leichtigkeit und ihren Unterhaltungsanspruch als besondere Qualitäten begreift und die künstlerisch oft sehr herausfordernden Werke historisch informiert neu entdeckt, interpretiert und belebt.
Das Seminar widmet sich diesem Phänomen im gegenwärtigen Musiktheater am Beispiel der Inszenierungen Barrie Koskys, der 2013 mit Ball im Savoy einen richtungsweisenden Publikumserfolg erzielte – an einem Ort, der bereits in der Weimarer Republik als Metropol-Theater Operettengeschichte schrieb. Ausgehend von den historischen Grundlagen zur Form und Entwicklung der Operette diskutiert das Seminar die gegenwärtige Renaissance und Inszenierungspraxis und vermittelt dabei auch praktische Einblicke in das Feld der Musiktheaterdramaturgie. Neben zwei Vorstellungsbesuchen an der Komischen Oper (Ball im Savoy von Paul Abraham, in dieser Spielzeit letztmalig zu sehen, und Perlen der Cleopatra von Oscar Straus), die mit einer Führung und einem Werkgespräch verbunden werden sollen, wird während des Kurses in Kleingruppen ein Programmheft erarbeitet und abschließend präsentiert. Für Masterstudierende gibt es zudem die Möglichkeit, Werkeinführungen und Gesprächsmoderation zu üben.