Das kürzeste Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm widmet sich einem eigensinnigen Kind. Darin spiegelt sich eine spezifische Auffassung von Welt und Individuum. Als Tableau der (schwarzen) Pädagogik ihrer Zeit skizziert die scène en miniature beispielhaft eine Ordnung, in der Praktiken der Reglementierung mit Praktiken des Widerständigen um den Erhalt bestimmter Strukturen ringen.
Ausgehend von diesem Beispiel wirft das Seminar einen Blick auf sich in vielfältigen Kontexten, Topoi und Figuren eröffnende Schauplätze des Eigensinns. Die Veranstaltung spannt ein Forschungsfeld um Fragen des eigenen Sinns, der eigenen Sinne sowie der Sinnhaftigkeit des Eigenen entlang spezifischer und ambivalenter Ausdrucks- und Umgangsformen von und mit Eigensinn auf. Dabei führt die Analyse von der Untersuchung historisch abhängiger Referenzen und Ordnungsstrukturen über Fragen nach dem Einbezug von Körper, Leib und Material|ität bis hin zur Suche nach Formen der Darstellbarkeit solch eigensinniger Phänomene.
Alexander Kluges und Oskar Negts „Geschichte und Eigensinn“, Alf Lüdtkes Forschung zu Arbeitsalltag, Fabrik und Gewalt oder auch Gilles Deleuzes und Félix Guattaris Überlegungen zum Werden – interdisziplinäre Bezugstheorien spielen zur Untersuchung des Feldes eine wichtige Rolle, wobei diese immer wieder an konkrete theatrale Beispiele und Materialien rückgebunden werden. Dabei reicht die Spannweite von der Darstellung eigensinniger Ehefrauen im bürgerlichen Trauerspiel über die Widerspenstigkeit dinglicher Materialitäten in literarischen und zeitgenössischen dingtheatralen Spielarten bis hin zu Praktiken des Widerständigen im Kontext postkolonialer Theaterformen.
Zur Vorbereitung:
Natascha Adamowsky: „Das Dunkle Ist Mehr Als Die Abwesenheit Von Licht: Zum Eigensinn Des Anormalen / The Dark Is More Than the Absence of Light: On the Obstinacy of the Abnormal“. In: Behemoth 2014. file:///Users/jamilaarenz/Downloads/773-1703-1-PB.pdf
Thomas Lindenberger: „Eigen-Sinn, Herrschaft und kein Widerstand, Version 1.0“. In: Docupedia – Zeitgeschichte, 2.9.2014.
- Trainer/in: Eva Jamila Arenz
- Trainer/in: Veronika Darian
- Trainer/in: Jessica Hölzl