Wer auf der sozialen Bühne reüssieren und in der sozialen Öffentlichkeit als jemand gelten möchte, der:die muss seinen:ihren sozialen Auftritt mit Bravour beherrschen: Es gilt, richtig zu gehen, zu stehen, zu sitzen, zu lächeln, sich angemessen zu bedanken und stets „den richtigen Ton“ zu treffen. Was (nicht erst) seit der Renaissance bei Hof galt, das adaptierte ein aufstrebendes städtisches Bürgertum (nicht erst) ab dem 18 Jahrhundert – und gab diesen Strategien der sozialen Rollendarstellung gewissermaßen einen „neuen Dreh“: Zum einen setzt sich im 18. Jahrhundert der Anspruch durch, dieses soziale Auftreten am Ideal von Natürlichkeit und Selbstidentität auszurichten. Zum anderen richten sich diese Anforderungen nicht mehr nur an eine höfische Elite, sondern erfassen breite soziale Schichten – eben alle, die als Bürger:innen soziale, kulturelle und ökonomische Teilhabe einfordern.

Diesen Tendenzen spürt das Seminar im Kontext des 18. Jahrhunderts nach. Nach einführenden Sitzungen zum Phänomen sozialer Rollendarstellung an der Schnittstelle von Theaterwissenschaft und Soziologie nähern sich die Seminarteilnehmer:innen Strategien der Sozialrollendarstellung im 18. Jahrhundert an historischen Quellen an. Dabei spannt sich der Bogen von Tanzmeisterschrifttum über moralische Wochenschriften, dramatische Literatur, Modemagazine bis hin zu pädagogischen Handbüchern und Anstandsliteratur. Die Seminarteilnehmer:innen erproben sich in der analytischen Arbeit an Quellenmaterial, welches schließlich auch die Basis der Seminararbeiten darstellt. In die Seminarstruktur eingebunden sind kleinere Einheiten, in denen auf das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten vorbereitet wird, damit bereits zum Ende der Vorlesungszeit grobe Konzepte für die zu verfassenden Seminararbeiten stehen.


Semester: SoSe 2022