Wer heutzutage als Tourist:in nach Skandinavien reist, tut dies häufig der Landschaften wegen. Insbesondere die offiziellen Tourismusbehörden der Länder Norwegen, Schweden und Island werben mit einmaligen Naturerlebnissen. Dabei galten dichte Wälder und tosende Wasserfälle jahrhundertelang als unzugängliche Gefahrenzonen, die zu meiden waren. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts stellte die nordische Natur deshalb einen motivischen Randbereich der Malerei dar und zahlreiche aus Skandinavien stammende Künstler:innen etablierten ihren Lebensmittelpunkt in Kontinentaleuropa. Ändern sollte sich dies im Zuge der Nationenbildungen. Die skandinavische Natur erfuhr nun eine ästhetische Aufwertung. Diese Aufwertung war in hohem Maße an nationalkulturelle Zuschreibungen gekoppelt und schlug sich in der Entwicklung der Landschaftsmalerei nieder. Trotz der bis heute proklamierten kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Ländern, ähneln die Prozesse, die deren nationalkulturelle Identität herausgebildet haben, einander. Nicht nur die Natur, auch mittelalterliche Gebäude, Sagen, Trachten und Kunsthandwerk fielen europaweit ins Interessengebiet von Künstlern und Gelehrten. Im Seminar sollen die künstlerischen und kulturhistorischen Ursprünge dieser nationalen Wertezuschreibungen und ihr Verhältnis zur Natur und Landschaftsmalerei ergründet werde. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf den Ländern Norwegen und Dänemark liegen.  


Semester: WT 2022/23