Unter dem Eindruck aktueller Ereignisse richtet sich der Blick auf eine Region - das östliche Europa - die je nach Standort woanders beginnt: für die einen in Frankfurt/Oder, für die nächsten in Białystok und für andere in Charkiw. Das Seminar führt ein in die Zeit nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums und seines Machbereichs. Im Gespräch zwischen Soziologie und Geschichtswissenschaft soll das Verständnis für Begriffe wie "Transformation", "Osteuropa" oder "Postsozialismus" geschärft werden. Wir fragen danach, wie sich das Leben "auf den Trümmern des Sozialismus" gestaltete und welche unterschiedlichen Entwicklungspfade die Gesellschaften Mittelosteuropas aus diesen Trümmern führten.

Dabei tauchen wir ein in ein Universum unterschiedlicher Geschichts- und Erfahrungsräume, die immer auch als Projektionsfläche dien(t)en für die Konstruktion von Geschichtspolitiken, von Kriegsgründen, von Bildern einer - wahlweise - "anderen Moderne" oder von Rückständigkeit. Im Vordergrund stehen dabei kultur- und erfahrungsgeschichtliche Zugänge, die auch für Soziologinnen spannende Fragen nach der Vielfalt von Quellen und empirischem Material aufwerfen; Fragen danach wofür sie stehen und welche Reichweite Äußerungen über das Material haben? Das können Basare und Trödelmärkte sein, Museen, Tätowierungen, Parks, Parfummarken oder die aus hunderten Interviews und Gesprächen arrangierte, dokumentarische Prosa von Swetlana Alexijewitsch.

Semester: WT 2022/23