Mit dem ‚Osten‘ ist – insbesondere aus der zentraleuropäischen Perspektive – weit mehr als nur ein geografisch verortbares Gebiet bezeichnet. Vielmehr handelt es sich um einen symbolischen Raum – einen zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten mit ganz differenten Bedeutungen aufgeladenen Topos, der in kulturellen Praktiken, identitären Narrativen und politischem Agenda-Setting immer wieder eine erzählerische und gestische Rolle spielt. Der ‚Osten‘ kann dabei verschiedenste Befindlichkeiten und Affekte (von orientalisierender Sehnsucht nach Differenz bis hin zu einer strategisch verstärkten Furcht vor dem Fremden) evozieren, aber auch motivische Bilder, Diskurse und Praktiken prägen, die ganz konkrete politische Wirkungen entfalten.
Anhand historiografischer, soziologischer, kulturwissenschaftlicher, insbesondere aber künstlerischer und theatraler Positionierungen zur Frage des ‚Ostens‘ als Prinzip einer modernen, raumbezogenen Konstruktion von Individuum und Gemeinschaft wollen wir uns im Seminar mit den Konsequenzen eines solchen Denkens (und Handelns) im Raum auseinandersetzen. Zwischen Mordor, Transsylvanien und dem ‚Orient‘ liegen nämlich noch immer weit mehr offene Fragen für eine gegenwärtige transkulturelle Lebenspraxis, als die Versprechungen einer globalisierten und zugleich diversen Welt des 21. Jahrhunderts glauben lassen. Denn: Jede:r hat ihren/seinen (eigenen) ‚Osten‘.
Zum Seminar gehören obligatorische Besuche einiger Ausstellungen und Theaterbesuche (max. vier im Semester).

Semester: WT 2023/24