Als älteste Sprachdenkmäler bezeichnen wir die frühesten romanischen Sprachzeugnisse, die uns aus der Zeit zwischen ca. 700 und 1150 überliefert sind. Es handelt sich dabei aber noch nicht um vollwertige Texte, die für etablierte Traditionen einer volkssprachlichen Schriftlichkeit stehen. Vielmehr haben wir es mit spo­ra­di­schen, episodenhaften Verwendungen des Romanischen zu tun – etwa in Form von Graffiti, Listen, Federproben oder Eides­formeln. Zu solchen Manifestationen der Volkssprache kommt es un­ter dem Dach der damals noch alternativlosen mittellateinischen Schrift­kultur nur in beson­deren pragma­tischen Kon­tex­ten. Entsprechend spezifisch sind die kom­mu­nikativen Funktionen, die der punktuelle Ein­satz des Ro­ma­­nischen im Medium der Schrift erfüllt.

Im Seminar werden wir ausgewählte Sprachdenkmäler aus verschiedenen Regionen der mittelalter­lichen Romania philologisch analysieren: Dabei wollen wir zum einen die sprachlichen Charakteristika der Do­ku­mente untersuchen und zum anderen die außersprachlichen Bedingungen des ausnahmsweisen gra­phi­schen Ge­brauchs der Volks­sprache herausarbeiten. Auch der Übergang zur systema­ti­schen Verschrift­li­chung des Romanischen, die ab dem 12. Jahrhundert zur Entstehung autonomer volkssprachlicher Texttra­di­tionen führt, soll uns im Seminar be­schäftigen.

Das Seminar beginnt am 20. Oktober.

Semester: WT 2023/24