
Den Renaissanceerker aus Rochlitzer Porphyr an der heutigen Eisdiele San Remo in der Grimmaischen Straße kennt jeder. Weniger bekannt ist, dass er eine Rekonstruktion von 1986 darstellt und auf das „Fürstenhaus“, einen der bedeutendsten Renaissancebauten Leipzigs, verweist. Der südlich der Grimmaischen Straße diagonal gegenüber gelegene Bau hatte sogar zwei Erker. Der 1569 vollendete Bau gilt als Werk Paul Widemanns, Mitstreiter Hieronymus Lotters am Alten Rathaus. Seit 1648 in Universitätsbesitz, fiel der Bau 1943 dem Bombenkrieg zum Opfer.
Die geborgenen Originalfragmente waren in den späten 1970er Jahren für die Rekonstruktion nach Dresden verbracht worden, wo sich ihre Spur verlor. Als sich 2006 herausstellte, dass sie auf dem Werkhof des Dresdener Steinmetzbetriebs überdauert hatten, lag ihre historische Bedeutung auf der Hand. Nach ihrer Rückführung an die Kunstsammlung der Universität wurden unmittelbar Planungen für eine künftige Präsentation aufgenommen, Fördermittel beantragt und ihre Restaurierung angeschoben: Die Erkerfragmente sollen als Lapidarium im Foyer der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften präsentiert werden und den verlorenen Bau am historischen Ort in Erinnerung zu rufen.
Parallel zur Realisierung des Lapidariums soll das auf zwei Semester angelegte Projektseminar den Bau und seine Erker erforschen und die Ergebnisse in Form einer Sonderausstellung in der Galerie im Neuen Augusteum der Kustodie nebst Katalogpublikation aufbereiten. Im WS 2023/24 steht die Erforschung im Vordergrund (Sichtung der Archivmaterialien, Forschungen zur Bauherrschaft und ihrer Familienwappen, Beschreibung des Gebäudes, Analyse der Erkerstruktur, Studium von Vergleichsbeispielen, auch im Hinblick auf die Polychromie). Das SS 2024 widmet sich der Realisierung der Ausstellung und des Kataloges (Leihverkehr, Anordnung der Objekte im Raum, Verfassen der Begleittexte, Objektbeschriftung, Katalogtexte, Entwurf des Plakates, PR-Texte). Außerdem sind museumspädagogische Aktivitäten, Begleitprogramm sowie Öffentlichkeitsarbeit zu konzipieren und umzusetzen. Die Ausstellung soll im Herbst 2024 eröffnen.
Das Projekt ist ein praxisnahes Vorhaben, welches zahlreiche berufsqualifizierende Kompetenzen im Museumswesen vermittelt und dabei ein überdurchschnittliches Engagement erfordert. Es bietet die im Studium seltene Möglichkeit, ein Projekt in all seinen Facetten zu begleiten und die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen. Teilnahme an beiden Semestern ist erforderlich.- Trainer/in: Rudolf Hiller von Gaertringen
- Trainer/in: Christine Hübner