In der Gegenwart scheint die optimistische Vorstellung eines Fortlaufens der Geschichte zu einem paradiesischen Endpunkt längst unrealistisch zu sein. Multiple Krisen wirbeln den Alltag der Gesellschaft durcheinander und viele Menschen sind durch eigene und fremde Beobachtungen davon überzeugt, dass wir sowieso auf eine Endzeit hinzusteuern, in der die selbstgemachten Probleme wie Klimawandel, Armut oder Gentechnik das Überleben der Zivilisation bedrohen. Endzeit, Katastrophen und Apokalypsen symbolisieren diese existentiellen Verunsicherungen menschlicher Kulturen durch das Wissen um ihr eigenes Ende. Daraus entspringt aber auch eine Rettungserwartung, die früher exklusiv an die Religion adressiert war. Heute erhofft man sich von der Politik, dass sie mit klugen Entscheidungen das Ende aufzuhalten vermag. Dank dieser Heilserwartung können politische Akteure auch unpopuläre Maßnahmen umsetzen, weil sie durch die Hoffnung auf Rettung legitimiert werden. Dementsprechend attraktiv erscheint die Politisierung des Endes für die Durchsetzung politischer Entscheidungen zu sein, gleichwohl sie auch ein Ende der Politik bedeutet.
Das Seminar setzt sich mit diesem Spannungsverhältnis auseinander. Dazu werden wir uns zuerst mit der Geschichte der Finalität Politischer Ordnung an Beispielen wie dem Untergang des Römischen Reiches, den Endzeit-Erwartungen im Mittelalter oder der Atomaren Apokalypse beschäftigen. Im zweiten Schritt diskutieren wir die Bausteine einer Theorie des Endes Politischer Ordnung, die negative und positive Zukunftserwartungen verbindet. Mit diesem Wissen können wir im dritten Schritt die Politisierung der Endzeit in der Gegenwart z.B. durch die „Letzte Generation“ analysieren.
- Trainer/in: Jörn Knobloch