Musikalische Aufführungen und Handlungen können zu Phänomenen führen, an denen etwas hervortritt und präsent wird. Die Phänomene des Präsent-Werdens und Präsent-Machens ist ethnologischen (Ritual, Schamanismus) und religiösen Kontexten (Epiphanie/Erscheinung), aber auch in Bezug auf den Sport erforscht worden. Einer zunächst philologisch (textkritisch) und hermeneutisch (den Sinn auslegend) orientierten Musikwissenschaft blieben sie jedoch verborgen, weil sich Präsenz auf der Ebene der Deskription oder der zeichenhaften Klassifikation offenbar nicht greifen läßt.

 

Die Vorlesung unternimmt verschiedene methodische Zugänge, die sich an Präsenz-Phänomenen abarbeiten. Zu ihnen zählen die mimetische Resonanz, das Konzept der Verkörperung (eminente Präsentation – anstelle der Re-präsentation), Strategien zur Erzeugung von Gegenwärtigkeit und das präsentistische Charisma. So sollen die Produktions- und die ästhetischen Erfahrungsmodi von Präsenz an einer Vielzahl musikalischer Situationen erkennbar werden.

 

Damit werden Grundlinien einer post-hermeneutischen Ästhetik verfolgt, die in Rechnung stellt, dass kulturelle Bedeutungen auch dort vorliegen, wo Verstehensprozesse nicht gänzlich objektiviert und wissenschaftlich aufbereitet werden können. Zudem wird geklärt, wo die Besonderheiten musikalischer (also nicht nur sprachlicher, theatralischer, performativer) Präsenzbildung liegen.

Semester: SoSe 2014