Die Musik stellt eine hochkomplexe Praxis und Wissensform dar, die sich in Anlehnung und im Dialog mit anderen wissensbildenden Prozessen entwickelt. Während wir Musik als etwas beschreiben, das mit Klang und mit Erklingendem zusammenhängt, gibt es ganz andere Entwürfe: mousiké und musica wurden in den gelehrten Traditionen im Hinblick auf ihre Proportioniertheit, auf ihre rhythmisch organisierte Ordnung, auf in ihnen angelegte höheren Wahrheiten befragt. Musica war aus diesem Grund eine Form des Wissens schlechthin, der hohes Prestige zukam. Auf dieser Basis wurde das Fach in den Kanon der septem artes liberalis eingeführt. In der Neuzeit kommt die Legitimation über die Rhetorik hinzu: Musik gilt als Sprache der Gefühle. Musik ist daher sowohl mit den messenden (quadrivialen) als auch mit den sprach- und grammatiknahen (trivialen) Disziplinen der sieben freien artes verbunden.

Diese Anlehnungen waren folgenreich für die Theoriebildung, also die Verständigung darüber, wie sich musikalische Sachverhalte reflektiert erkunden und darstellen lassen und welche Wissensparadigmen zu ihrer Begründung herangezogen werden. In Bezug auf Netzwerkmodelle schließlich lassen sich neueste Entwicklungen der Musiktheorie diskutieren, wobei die in der Musik angelegte Systematizität (Transponierbarkeit, Formalisierbarkeit, Mehrdimensionalität musikalischer Objekträume) ein wichtiger Ausgangspunkt für das Operieren mit musiktheoretischen Objekten ist.

Das Seminar führt in grundlegende wissensgeschichtlicher Zusammenhänge ein und erläutert die Voraussetzungen für die äußerst vielgestaltigen theoretischen Zugriffe auf das Phänomen Musik.

Semester: SoSe 2014