Archive und Prozesse der Archivierung sind spätestens seit der Frühen Neuzeit Thema und Objekt machtpolitischer genauso wie sozial- und geschichtswissenschaftlicher Diskurse. Das Archiv als Ort und Medium der Akkumulation und Produktion von Wissen und Macht, als Raum der Reflexion und der Erfahrung in einem, bietet immer wieder auch visuellen und performativen Künstler:innen Anlass und Material für ihre Erkundungen der Vergangenheit wie der Gegenwart. Indem es als verräumlichtes Depot von Geschichte(n) Materialitäten produziert und in seiner phänomenalen Fülle gleichsam jede stringente Erzählung verunsichert, bietet das Archiv – analog und parallel zu den Institutionen Museum und Theater – eine epistemologische wie ästhetische Kategorie zur Beschreibung und Historisierung von Strukturen und Handlungen zugleich.
Das Seminar widmet sich theoretischen Positionen sowie archivarischen Praktiken bildender und Performance-Künstler:innen, die sich seit den 1960er Jahren auf je unterschiedliche Weise mit Begriffen und Praktiken des Archivs als einem Paradigma moderner kultureller (An-)Ordnung und Aktualisierung von Wissen und Macht beschäftigen. Die spezifischen ästhetischen Praktiken werden dabei als Formen wiederholender Erinnerung und überraschender Resonanz untersucht und beschreibbar gemacht.
- Trainer/in: Michael Braun