Vertiefungsseminar B.A./M.A.
Wintersemester 2024/25
Donnerstag, 9–11h
Lehrbeauftragte: Jessica Hölzl, M.A.
jessica.hoelzl@uni-leipzig.de
Sprechstunde nach Vereinbarung
Im Zuge epistemologischer Verschiebungen erfahren forschende Verfahren an den Schnittstellen von Künsten und Wissenschaften seit den 2010er Jahren besonders in Kunst- und Medienwissenschaften ein verstärktes Interesse. Artistic research, Kunstpraxis-basierte Forschung und ähnliche Verfahren erproben in experimentellen Versuchsanordnungen die Befragung von Wissen sowie die Produktion eines situativen und verkörperten Wissens. Durch die Implementierung künstlerischer Promotionen in Deutschland seit 2016 findet Künstlerische Forschung zunehmend auch institutionelle Beachtung und Wertschätzung und gibt einer fachübergreifenden Diskussion um Definitionen, Grenzen und Potenziale von Begriffen wie Forschung, Wissenschaft und Methode Aufschub.
Die Auffassung von Kunst als Form der Wissensproduktion bewirkt einerseits eine Kritik bestehender Wissensordnungen und Ausschlussmechanismen und fokussiert andererseits das spezifische Potenzial künstlerisch forschender Praktiken. In dieser zweifachen Ausrichtung das Verhältnis wissenschaftlicher Epistemologien und künstlerischer Verfahren inhaltlich, formal, diskursiv und ästhetisch immer wieder neu aushandelnd, erscheint künstlerische Forschung für eine theaterwissenschaftliche Auseinandersetzung auf mehreren Ebenen interessant. Indem sie Materialität, Medialität und Performativität fachgeschichtlich immer schon miteinbeziehen, werden künstlerisch forschende Arbeiten entlang theaterwissenschaftlicher Methoden beschreib- und erfassbar. Umgekehrt lassen sich Herangehensweisen künstlerischer Forschung als Erweiterung theaterwissenschaftlicher Methoden begreifen. Indem Aspekte wie Prozessualität und Situiertheit als konstitutive Bestandteile künstlerischen, aber auch wissenschaftlichen Arbeitens wahrnehmbar werden, verweisen künstlerisch forschende Settings auf peripherisierte Elemente wie Probenprozesse und Produktionsbedingungen, aber auch Sprecher:innenposition und Wissensbegriff, und begeben sich auf die Suche nach diesem ‚anderen Wissen‘ entsprechenden Methoden und Umgangsweisen.
Das Seminar versteht sich als forschende Annäherung an Begriffe und Konzepte Künstlerischer Forschung aus theaterwissenschaftlicher Perspektive. Unter Einbezug historischer Anknüpfpunkte der forschenden Verflechtung von Künsten und Wissenschaften, die sich in der theaterwissenschaftlichen Fachgeschichte im Besonderen zeigt, richtet das Seminar den Blick auf zeitgenössische Debatten und Formen künstlerischer Forschung und befragt die Rück- und Wechselwirkungen auf theaterwissenschaftliche Methoden und Konzepte. Durch die Untersuchung konkreter Beispiele aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen erproben wir die theaterwissenschaftliche Perspektivierung eines oszillierenden Begriffs.
- Trainer/in: Jessica Hölzl