Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und von Deutschland 2009 ratifiziert. Mit ihr hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Das vormals medizinisch-defizitär geprägte Verständnis von Behinderung tritt in den Hintergrund und wird von einem menschenrechtlichen Ansatz abgelöst. Menschen mit Behinderung sind Träger*innen von Menschenrechten und es ist Aufgabe des Staates und der Gesellschaft die Rechte von Menschen mit Behinderung zu achten, zu gewährleisten und zu schützen. Damit tritt die menschliche Vielfalt in den Vordergrund und wird als Bereicherung angesehen. Das kulturelle Modell von Behinderung geht mit der Dekonstruktion des Behinderungsbegriffes noch einen Schritt weiter und spricht davon, dass „die Identität (nicht)behinderter Menschen kulturell geprägt ist und von Deutungsmustern des Eigenen und Fremden bestimmt wird.

Vor diesem Hintergrund werden im Seminar Menschen mit Hörbeeinträchtigung näher in den Blick genommen. Diese Gruppe ist interessant, weil sie mehr als andere herausstellt, dass sie eine eigene Kultur habe. Diese umfasst laut dem Weltverband der Gehörlosen „Überzeugungen, Einstellungen, Geschichte, Normen, Werte, literarische Traditionen und Kunst, die von Gehörlosen geteilt werden. Mit dieser Selbstzuschreibung gehen spannungsvolle Prozesse des Ein- und Ausschlusses einher. Aber sie wird auch zum Ausgangspunkt von Forderungen kultureller Teilhabe und der Entwicklung eigener künstlerischer Praktiken und Ausdrucksformen. Auf der Basis eines differenzierten Kulturbegriffs soll diesem Phänomen von Gehörlosigkeit als Kultur nachgegangen werden. Geplant ist eine theoretisch-systematische Auseinandersetzung damit ebenso wie eigene Recherchen zu relevanten Aspekten des Seminarthemas.

Semester: ST 2025