Der Begriff des „Klassischen Balletts“ steht umgangssprachlich für die Kunstform Ballett an sich.
Tanzhistorisch betrachtet, markiert er aber vor allem die Weiterentwicklungen des Handlungsballetts
und seiner Tanztechnik im zaristischen Russland, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Untrennbar
mit dieser Epoche verbunden sind vor allem die drei großen Werke „Dornröschen“ (1890), „Der
Nussknacker“ (1892) und nicht zuletzt „Schwanensee“ (1895). Alle komponiert von Peter Iljitsch
Tschaikowsky und in den Uraufführungen choreographiert von Marius Petipa (u. Lew Iwanow).
Noch heute bilden diese Choreographien die Grundlage für viele Neuinszenierungen dieser Ballette
und dominieren immer noch die Vorstellungen vieler Menschen von dem, was Ballett ist oder zu sein
hat. Die Teilnehmenden erarbeiten sich einen Grundstock an historischem Tanzwissen (Woraus hat
sich das Handlungsballett Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt?), sie setzten sich kontextualisierend
und historisierend mit der Entstehungszeit der genannten Ballette auseinander (Welche Geschichten,
Rollenbilder und (Körper-)Ideale liegen den Klassischen Balletten zu Grunde? Welchen gesell-
schafts-politischen Kontext spiegeln sie wider?) und betrachten kritisch-vergleichend zeitgenössische
Neuproduktionen der „fab three“ Tschaikowsky-Ballette (Was heißt es, wenn diese Stücke und die
ihnen inhärenten Geschichten immer wieder auf den Ballettbühnen der Welt reproduziert werden?
Wie gelingt es Choreograph:innen, sich von den historischen choreographischen Vorlagen zu lösen
und die Geschichten sowohl auf der Handlungsebene als auch durch die Kombination mit
zeitgenössischen Tanz- und Körpertechniken neu und anders zu erzählen?).
Das Seminar setzt die Bereitschaft und das Interesse voraus, sich mithilfe von Videoaufzeich-
nungen eine Vielzahl von Ballettproduktionen im Laufe des Semesters und zur Vorbereitung der
einzelnen Sitzungen in Gänze anzusehen. Außerdem werden immer auch Texte zu den jeweiligen
Themen intensiv vorzubereiten sein. Hinzu kommen evtl. noch Probenbesuche wie hoffentlich die
Generalprobe zur Produktion „Der Nußknacker und der Mäusekönig“, die (geplant für Ende
November) an der Oper Leipzig in der Choreographie des bulgarischen Gastchoreographen Kaloyan
Boyadjiev Premiere haben wird.
- Trainer/in: Schulze-Fellmann Janine