Als 1963 an der Universität Jena ein Lehrstuhl für wissenschaftlichen Atheismus eingerichtet wurde, be-stand sein Zweck in der intellektuellen Überwindung der Religion. Seine Aktivitäten kamen aber bald zum Erliegen, weil die Politik der DDR auf einen Ausgleich mit den Kirchen abzielte. Der Lehrstuhlinha-ber Olof Klohr (1927–1994) wurde deshalb bereits 1969 an die Ingenieurhochschule für Seefahrt nach Warnemünde/Wustrow versetzt. Eine zweite Richtung des DDR-Atheismus entwickelte sich unter Hans Lutter (1928-2009) an der 1972 gegründeten Pädagogischen Hochschule Güstrow. Der prononcierte Freidenker Lutter erklärte später, dass man das Konzept eines „wissenschaftlichen Atheismus“ 1988 aufgegeben und in eine „marxistisch-leninistische Religionswissenschaft“ überführt habe. Das Seminar befasst sich weniger mit dem Ende des „wissenschaftlichen Atheismus“ als mit seinen weltanschaulichen Voraussetzungen, wie sie im kämpferischen Atheismus der frühen Sowjetunion Gestalt annahmen.

Semester: WT 2014/15