„Es wird also Zeit“, schrieb der Kunsthistoriker Max Deri in einer Rezension von 1915, „dass die jungen Kunsthistoriker das Studium der exakten Psychologie als Nebenfach wählen.“ Selbst Autor eines „Versuch[es] einer psychologischen Kunstlehre“ (1912), spiegelt Deris Bemerkung das große Interesse der damals noch jungen Disziplin der Kunstgeschichte an der vermeintlich exakteren Wissenschaft der Psychologie wider. Es ist ein Interesse, das die Kunstgeschichte bis heute begleitet, auch wenn die Art und Weise, wie sich Kunsthistoriker:innen mit der Psychologie und entsprechenden Fragestellungen auseinandergesetzt haben, immer wieder unterschiedliche Formen angenommen hat. Umgekehrt haben aber auch Psycholog:innen sich in den Bereich der Kunstgeschichte vorgewagt, was teilweise zu einer noch stärkeren Verschränkung der Disziplinen geführt hat. Ziel dieser Veranstaltung ist es, sowohl die Geschichte der Interaktion zwischen den beiden Disziplinen zu entschlüsseln als auch zu erblicken, auf welche Weise die Psychologie auch heute noch für die Kunstgeschichte von Bedeutung ist. Dabei werden die Teilnehmenden nicht nur einen Einblick in die früheren und heutigen Tendenzen sowohl in der Kunstgeschichte als auch in der Psychologie und Neurowissenschaft erhalten, sondern auch die Herausforderungen beim Überschreiten disziplinärer Grenzen kennenlernen. Die Übung wird sich insbesondere auf eine Reihe von Schlüsseltexten konzentrieren und dabei auch einige Museumsbesuche vorsehen, um die gewonnenen Erkenntnisse vor konkreten Kunstwerken zu diskutieren. 

Semester: WT 2025/26