Zeit ihres Bestehens zeichnete sich die jüdische Gemeinschaft der DDR durch eine große Nähe zum sozialistischen Staat aus. Die eigentlich zwei jüdischen Kohorten in der DDR gehörten als Kommunisten, die ihre jüdische Herkunft abgelegt hatten, entweder der Nomenklatur des SED-Regimes an, oder waren als Angehörige der jüdischen Gemeinden durch ihren Bildungshintergrund oftmals Teil der sozialistischen Bildungselite. Dennoch resultierten aus dieser Nähe, die nur unter der Bedingung der Unterdrückung jüdischer Partikularität zustande kam, Konflikte, die bis zu dissidentem Verhalten etwa bei der Niederschlagung des Prager Frühlings (1968) oder bei der Biermann-Affäre (1976) reichten. Das Seminar untersucht dieses Verhältnis von Loyalität und Dissidenz entlang einschlägiger Wegmarken der DDR-Geschichte, aber auch vor dem Hintergrund von Nachwirkungen der „rätselhaften Stabilität der DDR“ (Andrew I. Port) bis in die Gegenwart.
Literatur: Sigrid Meuschel, Legitimation und Parteiherrschaft. Zum Paradox von Stabilität und Revolution in der DDR 1945–1989, Frankfurt a.M. 1992; Ulrike Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber.“ Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und der DDR 1945-1990, Berlin 1998; Karin Hartewig, Zurückgekehrt. Die Geschichte der jüdischen Kommunisten in der DDR, Köln 2000; Andrew I. Port, Die rätselhafte Stabilität der DDR. Arbeit und Alltag im sozialistischen Deutschland, Berlin 2010.
- Trainer/in: Philipp Graf