Platons Der Staat, das Gründungsdokument westlicher politischer Theorie, hat trotz seines hohen Alters wenig an Charme verloren. Die politische Philosophie, die Frage nach dem „idealen Staat“, die darin mehr oder weniger konkret entfaltet wird, ist Gegenstand vieler
Debatten und Kontroversen. Der französische Philosoph Alain Badiou hat beispielsweise kürzlich eine auf den Zeitgeist umgeschriebene Ausgabe veröffentlicht; und sein Kollege Jacques Rancière greift zentral auf Platon zurück, um seine Kritik am gängigen Verständnis von Demokratie herzuleiten. Die wohl zentrale Frage „Was ist eine gute und gerechte Gesellschaft?“ scheint gegenwärtig zumeist mit eben dieser Demokratie beantwortet, die bei Platon noch deutlich streitbarer war. Was mittlerweile oft als die beste aller möglichen Welten skizziert wird, ist bei Platon noch eine vergleichsweise schwache Form, die – aus strukturellen Gründen – dem Untergang geweiht sei. Das Seminar möchte zunächst Platons Begriffe von Staat und Demokratie einfangen, um anschließend eine Aktualisierung mit Badiou und Rancière zu versuchen. Dies verdeutlicht zum einen die langen Linien immer noch aktueller politischer Schlüsselkonzepte und zeigt zum anderen, wie streitbar die Dinge sind. Gerade die Demokratie verliert ihre Selbstverständlichkeit und wird buchstäblich zum Streitobjekt. Ist sie Ordnung oder Unordnung? Ist sie das Politische selbst oder eine geregelte Form der Teilhabe?
Semester: WT 2014/15