Die Frage nach dem gnädigen Gott bzw. die Rechtfertigung des Menschen vor Gott ist zentraler Inhalt reformatorischer Theologie. Während er im IV. Artikel der CA noch recht nüchtern formuliert wird, erheben die Reformatoren den Rechtfertigungsartikel in der Apologie zum „höchsten und fürnehmsten Artikel der ganzen christlichen Lehre“. Spätere gar sollen den Rechtfertigungsartikel als articulus stantis et cadentis ecclesiae bezeichnet haben – der Artikel, mit dem die Kirche steht und fällt. Andere hingegen haben die Rechtfertigungsfrage lediglich als einen „Nebenkrater“ paulinischer Theologie verstanden (A. Schweitzer). Was verbirgt sich hinter diesem Artikel? Auf welchen neutestamentlichen Traditionen beruht er, welche lässt er eher unberücksichtigt? Wie zentral ist er für die reformatorische Theologie? In dem Seminar wollen wir unter diesen Perspektiven das Nachdenken verschiedener Autoren des NT über die Rechtfertigung nachvollziehen und ihre grundlegenden Anliegen herausarbeiten. Schwerpunkte bilden die Interpretation der Gesetzes- und Gerechtigkeitslehre Jesu durch die Evangelisten (bes. Matthäus) und natürlich Paulus und der Jakobusbrief – der entscheidende Gewährsmann der lutherischen Reformation einerseits und sein scheinbarer theologischer Gegenspieler andererseits.
- Trainer/in: Jens Herzer