Bereits in der Antike wurde die Bedeutung des rhythmos in ästhetischer, anthropologischer und ethischer Hinsicht reflektiert: Als rhythmisch galten vor allem diejenigen Ordnungen von Bewegung, deren Wahrnehmung als angenehm empfunden wurde, die also den Sinn des Menschen für (zeitliche) Ordnung berührte. Darüber hinaus hat rhythmos eine motorisch-performative Dimension, die für historische Entwürfe des Menschen, seiner Leiblichkeit und ästhetischen Sensibilität eine wichtige Rolle gespielt und sich zumal in der Entwicklung des Tanzes manifestiert hat. Mit der Erforschung rhythmisch-metrischer Gliederungsprinzipien, mit dem Aufkommen der Arbeitswissenschaften und kultureller Strömungen wie der Lebensreform in der Moderne wurde Rhythmus zur Grundlage für neue Visionen von sozialer Gemeinschaft. In der Kognitionswissenschaft und der Neurophysiologie wird Rhythmus im Kontext von timing-Strukturen und Prozessen der Synchronisation reflektiert.

Im Seminar sollen historische und aktuelle Rhythmus-Konzepte exemplarisch diskutiert und für eine integrale Betrachtungsweise fruchtbar gemacht werden, welche die soziale Funktion von Rhythmus und Rhythmisierung im Alltag und in der Kultur der Massenmedien mit einschließt. Dabei wird auch der Beitrag untersucht, den die künstlerische Praxis (Musik, Tanz, Theater und Performance) zur Erforschung rhythmischer Phänomene leistet.

Semester: SoSe 2012