In 1785 provozierte die Veröffentlichung von Jacobis Briefwechsel mit Mendelssohn eine öffentliche Kontroverse, welche das Vertrauen der Aufklärung in dem Vermögen der Vernunft in Zweifel zieht. Auf dem Hintergrund einer Interpretation von Spinoza als Atheist und moralischer Relativist argumentiert Jacobi, dass die gründliche Anwendung der Vernunft unvermeidbar zu Solipsismus, Atheismus und Fatalismus führt und nicht in der Lage ist, die Grundlegung der Moral zu leisten. Diese nihilistischen Konsequenzen eines uneingeschränkten Rationalismus sind nach Jacobi nur durch einen salto mortale ins Irrationalen zu entkommen, der als einen Akt eigentlicher Freiheit verstanden wird. Im Seminar werden wir das von Jacobi formulierten Dilemma zwischen rationalem Nihilismus und irrationalem Glauben anhand seiner und Mendelssohns Argumente diskutieren und den Einfluss des Pantheismusstreits auf die nachkantische Philosophie in den Schriften von Fichte, Schelling, Hegel und Kierkegaard weiterverfolgen.

Semester: WiSe 2022/23