Die Proteste sozialer Bewegungen gelten als Indiz für grundlegende strukturellen Spannungen und zentrale Konfliktlinien einer Gesellschaft. Gleichzeitig hängt die Entstehung sozialer Bewegungen von unterschiedlichen Bedingungen ab, was den Rückschluss von einzelnen Protesten auf die grundlegenden Konfliktlinien einer Gesellschaft verkompliziert. Ziel des Seminars ist es, in die in die zentralen soziologischen Perspektiven auf Protest und soziale Bewegungen einzuführen. Dabei handelt es sich um einen viel zitierten und Forschungen anleitenden klassischen Kanon einer Handvoll theoretischer Ansätze (Structural Strains, Resource Mobilization, Political Process, Framing, Collective Identity). Demgegenüber diskutieren wir „neuere“, alternative Erklärungsansätze, in denen soziologische Klassiker fruchtbar weiterverarbeitet sind: das Konzept der Protestkarrieren, Protest als Selbstprüfung & -technik, Protest als ritualgestützte Euphorieerfahrung, soziale Bewegungen als Felder der Sektenkonkurrenz, Schlüsselfiguren des Protests. Jede Sitzung beginnt mit dem Format des „Bewegungsmelders“. Dort werden gemeinsam die erarbeiteten Konzepte auf aktuelle Protestphänomene angewendet und kritisch diskutiert. Anlassbezogen sollen zudem Medienanfragen gemeinsam besprochen werden, dabei reflektieren wir die Herausforderungen, die mit einem vergleichsweise neuen Phänomen einhergehen: der medialen Erfindung der Deutungsfigur des „öffentlichen Protestforschers“.
Semester: ST 2023