Auf verschiedenen Ebenen ordnet sich die Welt neu – und das heißt vor allem, dass die
Herrschaftsmuster, die der ‚Westen‘ seit Jahrhunderten in Gestalt von Kolonialismus und
Imperialismus zu seinen Gunsten etabliert hatte, erodieren.
An der Neuordnung der Welt arbeiten auf theoretischer und ideenpolitischer Ebene auch die
Stimmen des ‚Postkolonialismus‘. Zu ihren wichtigsten gehört Dipesh Chakrabarty. Mit seiner im Jahr 2000 erhobenen Forderung, Europa zu provinzialisieren, hat Chakrabarty wesentlich zu einer Kritik des Eurozentrismus beigetragen, zugleich aber auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen, ‚westliche‘ Begriffe, Konzepte und Vorstellungen zu überwinden. Die „Provinzialisierung Europas“ lässt sich dabei als ein Kerngedanke verstehen, den Chakrabarty im Angesicht des Klimawandels auf die Gattung ‚Mensch‘ überträgt: Eine planetarische Geschichtsschreibung – so postuliert er – müsse althergebrachte Vorstellungen von Geschichte, Moderne und Globalisierung auf den Prüfstand stellen.
In diesem Lektüreseminar möchten wir uns mit euch den zwei zentralen Aufsatzsammlungen
Chakrabartys („Europa als Provinz“ / „Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter“)
widmen und seine Kritik an einer euro- bzw. humanozentrischen Historiographie nachvollziehen.
Darüber hinaus fragen wir uns, welche Rolle insbesondere die Geschichtswissenschaft vor dem
Hintergrund der Klimakatastrophe spielen kann.

Literatur:
Chakrabarty, Dipesh: Europa als Provinz. Perspektiven postkolonialer Geschichtsschreibung.
Frankfurt a.M. 2000.
Ders.: Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter. Frankfurt a.M. 2022.

Semester: WT 2023/24