Nach der Begegnung von Ost und West auf den Weltausstellungen der Jahre 1889 und 1900 in Paris nahmen Verflechtungen europäischer und asiatischer Klänge in der Kunstmusik des 20. Jahrhunderts ihren Lauf, was vor allem in Werken von Claude Debussy, Maurice Ravel, Igor Strawinsky oder Maurice Delage seinen Ausdruck fand. Zur gleichen Zeit vollzog sich die Einführung europäischer Musik in ostasiatischen Ländern wie Japan, China und Korea. Die japanischen Komponisten versuchten ihrerseits Überschneidungen zwischen europäischer und eigener traditioneller Musik zu extrahieren und diese als überregionale Akzeptanz ihrer eigenen Musik wahrzunehmen, während die Ausübung westlicher Musik in China und Korea während der japanischen Kolonialherrschaft eindeutig mit anderem politischen Kontext belegt war.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entdeckten einerseits immer mehr europäische Komponisten „Asien“ als Quelle ihrer künstlerischen Inspiration. Andererseits nahmen Interdependenzen zwischen Ost und West in der Musik an ihrer Intensität zu, was schließlich dazu führte, dass das „Östliche“ vor allem in Narrativen der jungen ostasiatischen Komponistengeneration noch stärker hervorgehoben wurde.

Das Ziel unseres Seminars ist es, die Identitätsstiftung der „westlichen“ und „östlichen“ Musikelemente, -konzepte oder Klänge und ihre Interdependenzen in der globalen Musikentwicklung zu überprüfen und den soziokulturellen Hintergründen der einzelnen Komponisten nachzugehen. 

Semester: WT 2024/25