Im Zuge der Rezeption des Aristoteles und der arabischen Philosophie tritt an der Pariser Artistenfakultät ab 1265 eine Gruppe besonders radikaler Aristoteliker in Erscheinung, die (wenn auch zu Unrecht) als lateinische Averroisten in die Geschichte eingegangen sind. Höhepunkt mehrerer Lehrverurteilungen, die gegen diesen Aristotelismus und Averroismus gerichteten waren, ist am 7. März 1277 die Verurteilung von 219 Irrtümern durch den Pariser Bischof Etienne Tempier. Mit seinem Syllabus ist der Bischof von Paris nach Meinung vieler Historiker für „das bedeutendste intellektuelle Verdammungsurteil des Mittelalters“ (Bianchi) und die größte Zäsur, die das mittelalterliche Abendland je erlebt hat (de Libera), verantwortlich. Die genaue Bedeutung dieser Verurteilung und ihre historischen Konsequenzen sind allerdings bis heute umstritten. Sie sollen im Seminar rekonstruiert werden.

Textgrundlage: Kurt Flasch (ed.), Aufklärung im Mittelalter? (oder: D. Piché (ed.): La Condamnation Parisienne de 1277; Denifle, Henri/Chatelain, Emile (ed.): Chartularium Universitatis Parisiensis, Paris 1889-1897).

Semester: ST 2025